An einem kalten,
nebligen Frühlingsmorgen heben wir von München Richtung Südamerika ab. Im
sonnigen und frühlingshaften Madrider Flughafen wechseln wir die Maschine mit einem
Airbus 340. Obwohl der Vogel von außen so groß aussieht, quetschen wir uns in
eine der vier engen Reihen. Besonders schlimm ist es für Claus, der seine
langen Beine an meinem Sitz bis auf den Mittelgang ausstrecken muss und dabei
trotzdem die Nachbarin mit der Schulter stört. Ich fühle mich wie eine
Masthenne auf einer Nicht-Ökofarm. Schlafen kann ich kaum und beneide Claus,
der pausenlos döst. Dafür darf ich mich hinten im Flugzeug beim Catering mit
Saft und Sandwiches bedienen, soviel ich will. Wie in einer fliegenden Bar
eben. Überall krabbeln Kinder herum und die Stewardessen sind noch freundlich
dabei. Sie bringen ihnen sogar Süßigkeiten; kurzum, die Gesellschaft IBERA
macht einen freundlichen und professionellen Eindruck auf uns. Nach elf Stunden
Non-Stop-Flug landen wir um 6 Uhr nachmittags in Quito, 6 Stunden vor MEZ zwischen Häusern und Bäumen auf dem Aeropuerto
Internacional Mariscal Sucre.
Taxis sind hier schnell gefunden und für 5 US-Dollar fährt man uns ins Hilton-Cologne in der Neustadt. Hilton-Cologne ist ein Luxushotel, und viel zu teuer, wenn man
es nicht vorher zu einem Pauschalreis bucht.
18. Februar 2004
Quito (Ecuador)
Die Nacht vergeht
langsam und wir wachen jede Stunde auf. Das Frühstück erfreute unsere Augen mit
bunten Früchten und verschiedenen Platten und Gerichten. Aufgrund eines
Missverständnisses hat uns die Reisegesellschaft Dertours einen Abflugtermin vom nationalen Flughafen
angegeben, der zwei Stunden später war. Also, als wir um 7.30 Uhr am Flughafen
ankommen, um unsere Galapagos-Reise anzutreten, müssen wir langsam feststellen,
dass wir eigentlich zwei Stunden zu spät gekommen sind. Jedoch bekommen wir
dieses Missverständnis erst heraus, nachdem wir uns langsam durchfragen,
freilich in Spanisch, denn keiner versteht hier ein Wort Englisch. Nach zwei
Stunden kommen wir endlich im Büro von Kleintours, dem Partner von Dertours in Quito, an. Ich reagiere verzweifelt und will
es nicht fassen, dass ich die heiß ersehnte Reise auf die Inseln verpasst haben
soll, doch die Leute von Kleintours
übernehmen die Verantwortung für diesen Fehler und buchen uns auf eine
Luxusyacht, die auch der Reederei gehört, und zwar auf der Legend, und geben uns sogar eine Suite auf diesem
Schiff. Sonntags werden wir dann auf die Coral-II wechseln und den zweiten Teil der Tour
wahrnehmen. Sie vermitteln uns auch ein angenehmes Quartier in Quito, Hotel
Sebastian in der Neustadt. Es
liegt nicht so malerisch mit Blick auf die Vulkanhänge, aber mit dem rötlichen
Holz vermittelt es eben einen Luxuseindruck. 33 Dollar pro Einzelzimmer, 53
Dollar pro Doppelzimmer. Nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr verabreden wir uns
mit Monica Guerero, der Freundin von einem Uni-Bekannten aus Passau. Aber da
wir in der Altstadt bei der Besichtigung der alten Straßen die Zeit vertrödeln,
kommt wir erst um 16.30 Uhr zurück und verpassen sie. Die Neustadt mit den
besseren Gebäuden und saubereren Straßen hebt sich in krassem Kontrast ab von
der Unesco-Altstadt, die trotz
schönen Gebäuden aus der Zeit des Conquista einen armen Eindruck macht. Wenn
man aufmerksam durch die engen Gässchen schlendert, sieht man Leute, die geduldig
auf ihre Reisportion warten und Armut schaut hinter allen Ecken hervor. Die
Stadt ist nicht besonders schön, aber sie strahlt einen eigenen Charme aus, intensiviert
durch ein mildes Klima und herzliche Menschen, deren Gesichter in einem Lächeln
verschmelzen, sobald sie hören, dass der Tourist ihre Sprache spricht. Sogar
der ernste Polizist, der die Iglesia de San Francisco bewacht, erzählt uns genussvoll von seiner Honda
450. Abends wird es kühl und wir ziehen deshalb vor, im Zimmer zu bleiben, auch
scheinen die Straßen bei Nacht nicht besonders sicher zu sein. Die Architektur
der Stadt bietet außer den katholischen Kirchen und den spanisch geprägten Gebäuden
nichts, abgesehen von Streichholzschachteln mit Wellblechdächern und
Wellblechtüren, aneinander gepresst und unordentlich sowie planlos entlang von
Straßen geworfen. Trotzdem, ich muss mich wiederholen, entzückt das bunte fröhliche
Treiben. Die lockere tanzende Atmosphäre beruhigt den Besucher.
19. Februar 2004
Quito -> Galapagos
Vom versprochenen
Frühstück Continental auf dem Zimmer sehen wir am nächsten Morgen nichts, auch
weckt uns um 4.45 Uhr niemand auf, wie bestellt. Aber ich bin sowieso um 4.30
Uhr quickmunter und frisch. Wir fahren rechtzeitig los durch menschenleere
Straßen, nur ein paar Teenager fahren fröhlich vor dem luxuriösen Marriott-Hotel. Der Flughafen National ist schon um 5.30 Uhr voll mit Leuten, die in verschiedene
Städte in Ecuador fliegen wollen.
Jede Viertelstunde fliegt eine Gesellschaft ab. Es scheint rentabel zu sein.
Ich lese gerade in der Zeitung, dass der Bedarf noch lange nicht gedeckt ist,
sowohl an Passagieren als auch an Fracht. Von wegen, dass das Flugzeug der
National-Gesellschaft Tame
alt und holprig ist. Mit einem neuen A 320 fliegen wir nach Guayaquil, wo man
weitere Passagiere aufnimmt für Galapagos. Die Stadt breitet sich hier wie ein
genau gezeichnetes Schachbrett langweilig unter schweren wasservollen Wolken
aus. Die feuchte Hitze erschwert das Atmen, als wir auf der kleinen Insel
Baltra landen, und es wird noch schöner, als wir in das erlebnisreichste Hotel
steigen, in dem ich je war. Die Legend Galapagos, eine ehemalige deutsche Fähre, umgebaut zu
einer bequemen Yacht, die 110 Passagiere durch die entfernten Inseln befördert.
Ich bin so begeistert, dass ich auf dem Deck herumhüpfe und keine Minute stillstehen
kann. Natürlich muss ich auch die Brücke besuchen und die freundliche Crew, der
zweite Offizier Carlos, der Steuermann und Juan, der Kapitän, erklären mir alle
Apparate auf der Brücke und ich darf auch steuern. Ich bin zum ersten Mal auf
einem Schiff, überhaupt auf einem Ozean und ich darf gleich ans Ruder.
Natürlich bringe ich das Schiff arg vom Kurs ab, aber wir sind im riesigen
Ozean, wen kümmert das? Danach kommt das nächste Erlebnis. Wir fahren in eine
Bucht. Ein Vulkankegel unter Wasser der Insel Bartholome, und ich entzücke mich
über die faul zwischen den Felsen und den misstrauisch äugenden braunen
Pelikanen daliegenden Seelöwen. Zwei winzige Pinguine tummeln sich im Wasser,
während Claus und ich zwischen ihnen Schnorcheln. Ja, ich kann zwar nicht
schwimmen, geschweige denn, dass ich Meererfahrung hätte, aber ich habe Mut
gefasst, Schnorchel und Flossen angezogen und los geht’s unter dem Wasser. Freilich
habe ich Salzwasser geschluckt, das reicht für mein ganzes Leben. Doch es hat
sich gelohnt für die zwei niedlichen Pinguine, die sich von den Klippen ins
Wasser warfen und neben uns umher schwammen. Der rote und schwarze feine Sand
klebt überall, sogar nach Tagen, und nicht einmal mit Wasser lässt er sich abspülen.
Der Abend legt sich ruhig golden rot über die schwarze Insel, das Meer breitet
sich bis in die Unendlichkeit aus. Todmüde falle ich abends ins Bett, gequält
auch von leichter Seekrankheit.
20. Februar 2004
Isla Fernandina
Um 5.45 Uhr wachen wir
putzmunter auf und trotz Dunkelheit sind wir schon auf dem Deck, um in das
Sternenmeer über uns zu blicken. Heute geht es zu den Inseln Fernandina und
Punta Espinosa. Ein frisch gebackener Strand aus Basalt, von zartgrünen
Mangroven unterbrochen. Wir fahren mit den Zodiacs aus. Auf den scharfkantigen
Basaltblöcken zwischen Meerleguanen muss man höllisch aufpassen, dass man nicht
auf sie tritt. Ich kann sogar beobachten, wie eine weibliche Echse ein Männchen
aus ihrem Nest wegkämpft. Die neugierigen Jung-Seelöwen schleichen sich durch
den heißen Sand und rote Krabben leuchten zwischen den Spalten. Flugunfähige
Kormorane paaren sich gerade und balzen liebevoll ungestört vor den Besuchern.
Gegen 11 Uhr wird es unerträglich heiß und ich bin froh, dass wir zurückfahren
können. Doch danach erlebe ich mein zweites Schnorcheln, diesmal belohnt mit
einer Riesenschildkröte, die wir beide mit Ehrfurcht und Staunen befühlen. Bunte
Fische, Sterne und Seeigel tummeln sich im lichten Meergrün da unten unter mir.
Ein Wunder, und ich darf es sehen. Diesmal habe ich auch nicht mehr so viel
Angst. Um zwei Uhr kommen wir am Covent Cove auf der Isla Isabela an und ein neues Schnorcheln
ist angesagt. Diesmal macht es weniger Spaß in dem kalten Wasser und bei
bewölktem Himmel, obwohl wir mal wieder die einzigen sind, die sich am Anblick
einer Schildkröte und eines Seelöwen erfreuen dürfen. Doch die roten Seesterne
scheinen nicht richtig zu strahlen, wenn keine Sonne sie erleuchtet. Die
Tagos Cove, ein eingebrochener
Vulkan-Kegel, besuchen wir in strömendem Regen, trotzdem oder vielleicht gerade
deshalb erfreue ich mich der ungewöhnlichen Vegetation hier. Besonders grell
leuchten die zarten Blätter der Bäume auf dem dunklen Tuffgestein. Der Abend
versinkt in schwerem Regen und grauen Wolken, sogar der Kapitän sieht kaum
Hoffnung für sonniges Wetter.
21. Februar 2004
Isla Rabida
Die verwunschenen
Inseln – Las Islas Encantadas.
Die Zeit scheint hier zwischen den roten heißen Blöcken zu erstarren. Die Worte
reichen nicht, um diese kargen kahlen Inseln zu beschreiben, die trotz ihrer
Nacktheit oder eben gerade deswegen dich fesseln und anziehen sowie dich und
die Meeresjungfrauen und Seefahrer in ihre tiefe Unendlichkeit locken. Heute
waren wir wie üblich um 6 Uhr wach. Das Programm lässt einem vielleicht eine
Stunde Ruhe, ansonsten geht alles in rasendem Takt. Auch das genügt gerade
noch, um etwas von der Vielfalt der Insel zu sehen. Zu meiner Enttäuschung wird
das Schnorcheln am Morgen abgesagt wegen starker Dünung. Es könnte gefährlich
sein in der Nähe der Klippen und außerdem ist der Sand aufgewirbelt. Also
marschieren wir los auf der Insel Santiago. Wir waten auf dem schwarzen Sand –
Vulkanasche – durch verspielte Seelöwen-Junge, die einem durch die Beine
laufen. Claus war so vertieft, eine rot leuchtende Krabbe zu fotografieren,
dass er nicht einmal den Seelöwen bemerkte, als er ihm zwischen die gespreizten
Beine watschelte. Die Seelöwen bleiben mir unvergesslich wegen ihrem lauten komischen
Gebell. Meeresleguane sonnen sich auf den schwarzen glitschigen Felsen und
fauchen ab und zu, wenn man ihnen zu nahe kommt. Heute brennt die ecuadorianische
Sonne unbarmherzig, und trotz Sonnencreme und Schutzkleidung sind wir beide
etwas verbrannt. Ich habe sogar meine Kopfhaut stark gerötet und kann deshalb
kaum meine Haare kämmen. Das ist aber hier nicht nötig, weil man jede halbe
Stunde nass wird. Voller Genuss baden wir am Strand zwischen den Seelöwen. Am
Nachmittag werden wir vom Kapitän kritisiert, da ein Reiseführer ihm berichtet
hatte, Claus sei vom Weg abgekommen und habe sich geweigert, seine Schwimmweste
anzulegen. Na ja, es fällt ihm oft schwer, sich an die strikten Regeln der
Mannschaft zu halten. Gegen zwei Uhr haben wir das Glück, eine Schule von
Delphinen zu sehen, die das Schiff eine Weile begleiten. Am Nachmittag besuchen
wir den roten Strand der Insel Rabida, wo ebenfalls Kolonien von süßen Seelöwen
leben. Claus wird beim Fotografieren eines drei Wochen alten Babys von der
Mutter verjagt. Hinter einem grünen Gürtel von Sträuchern liegt eine Lagune,
einst Heimat von Flamingos, heute nur Ort für ausgestoßene Seelöwenbullen, die
keinen Harem besitzen. Im milden Abendlicht tauchen wir in die wunderbare bunte
Welt der Fische ein. Jetzt kann ich eine kleine Einsicht bekommen in das, was
man Deep blue Sea nennt. Das blaue Funkeln der Stille verlockt jeden, immer
tiefer zu tauchen, aber da ich keine Schwimmerin bin und mich ständig an Claus’
Hand halte, bleibe ich nur an der Oberfläche. Deshalb lasse ich ihn auch eine
Weile alleine tauchen, während ich mit dem Bootsmann spreche. Die Leute hier
freuen sich riesig, wenn man ihre Sprache kann und sie stören sich nicht an
gelegentlichen kleinen Sprachfehlern. Sie sind bereit, über ihr Leben zu
erzählen und einem interessante Tauchtipps zu geben.
22. Februar 2004
Isla Santa Cruz
Der geplante Besuch auf
der Charles-Darwin-Station
wird abgesagt, weil aufständische Fischer die Station und den Eintritt zum
Nationalpark besetzt haben. Also fahren wir mit dem Bus von Puerto Ayora auf
die Insel Santa Cruz, die Insel mit den meisten Bewohnern. 3 % des Archipels
ist der Landwirtschaft freigegeben, der Anbau ist kontrolliert durch eine
reiche tropische Vegetation. Die Insel bildet deshalb einen großen Kontrast zu
den anderen Inseln, die durch den feuchten Südost-Passatwind sehr reich
bewachsen ist. Seit einigen Jahren werden keine Ausländer mehr auf der Insel
zugelassen und die Touristen beschränken sich auf 50.000 – 80.000 pro Jahr und
weniger als 100 pro Insel am Tag. Wir spazieren auf der anderen Seite der Insel
zu einem herrlich weißen Strand. An der daneben liegenden Lagune stelzen
endemische intensiv gefärbte rote Flamingos. Danach spazieren wir in den Puerto
Ayora und kaufen für Claus ein T-Shirt, aber Aufkleber gibt es nicht.
Nachmittags besuchen wir in dem vegetationsreichen Hochland in El Chato das Reservat der Riesenschildkröten. Ca. 1.500
Exemplare leben noch auf der Insel, und wir haben sogar das Glück, ein über
hundert Jahre altes Exemplar zu beobachten. Die Schildkröte benimmt sich alles
andere als scheu und es fehlt nicht viel und sie hätte Claus einfach aus ihrem
Weg geschubst. Na ja, gepanzerte 500 kg gegen 82 kg. Nach der Besichtigung der
zwei eingesunkenen Krater Los Gemelos und einem Lavatunnel schiffen wir uns auf
die Coral-I um, da die Coral-II renoviert wurde. Bobby, der Marine-Biologe und
der Führer auf den Inseln, schüchtert uns richtig ein. Zum Glück werden wir
George zugeteilt, ein in Miami ausgebildeter Meeresbiologe. Das Essen auf dem
kleinen Kahn schmeckt gut. Die Sozialräume sind im klassischen Luxus
eingerichtet, doch unsere Kabine eignet sich definitiv nicht für Klaustrophobe.
Claus kann kaum aufrecht stehen und wir müssen zusammen unten im Bett schlafen,
damit wir oben im Bett die Kleider ablegen können. Ins Badezimmer kann nur
einer auf einmal hineingehen und es stinkt furchtbar nach Rattengift. Trotz der
furchtbar lauten Motorengeräusche schlafen wir tief ein.
23. Februar 2004
Isla Española
Wir dürfen
ausnahmsweise eine Stunde länger schlafen. Heute besuchen wir die schöne Insel Española. Mithilfe unseres geduldigen Führers George
können wir das Verhalten der Seelöwen beobachten und wie sich die ausgestoßenen
Bullen oder die Junggesellen zwischen die Weibchen ins Wasser schleichen, um
nicht von einem Harem-Bullen gesichtet zu werden. Die Zugänge zum Meer sind von
den dominanten Bullen und ihren Kolonien eingenommen. Der Bulle bewacht so
stark seine Weibchen, dass er kaum noch zum Essen kommt und bald von einem
anderen abgelöst bzw. verdrängt wird. Interessant sind auch die Maskentölpel
mit schwarzen Augenmasken, die die Funktion von Sonnenbrillen haben sollen.
Ganz natürlich ist der Brudermord zwischen den Jungen, und zwar stößt der erste
Jungvogel den Zweitgeborenen aus dem Nest. Die Mutter unternimmt dabei nichts -
aus Gründen des Koloniegleichgewichts und Energiesparens, wenn sie nur ein
Junges füttern muss. Hier lebt eine bunte Unterart der großen Meeresechsen, bei
denen sich die Männchen während der Paarungszeit schillernd grün und rot auf
den Seiten färben. Ganz merkwürdig ist es, eine Meeresechse auf einer weißen
Wellenkrone schwimmen zu sehen. Am Nachmittag schnorcheln wir im tiefen Wasser,
wobei es bei weitem nicht mehr so ruhig ist, da draußen im Meer um die
herausragenden Felsspitzen die Wellen schon stark sind. Die Seelöwen spielen so
entzückend mit uns unter dem Wasser und drehen sich und wirbeln um uns, dass
wir nicht mehr hinaus wollen, obwohl meine Maske undicht wird und halbvoll mit
Wasser läuft. Danach sitzen wir eine Stunde an einem Strand aus weißen
Muschelresten und abgestorbenem Korallenstaub und beobachten eine
Seelöwenfamilie. Claus albert mit den kleinen herum, während sie uns mit Sand anspucken.
24. Februar 2004
Isla Floreana
Nach einer bewegten
Nacht auf dem Meer landen wir auf dem grünen Strand von Floreana. Grün, weil
ausnahmsweise der Vulkan hier auf die Silikat-Kristalle Olivine ausgespuckt
hat, so dass sie im Sonnenglanz grün schimmern. Gleich hinter den schwarzen
Mangroven suchen ein paar Flamingos nach Krebschen in dem 6-7%igen salzhaltigen
Wasser. Die Farbe erhalten die Vögel von dem Beta-Carotin der Shrimps. Nachts
hat es viel geregnet, so dass die Frische der feuchten Bäume uns willkommen
heißt. Wir spazieren bis hinauf auf einen Aussichtspunkt und können auf der
anderen Seite der Insel die Wasserschildkröten im Wasser beobachten, die auf
die Nachtflut warten, um ihre Eier ablegen zu können. Die Fregattvögel kreisen
schon über dem Strand, um die Eier zu suchen. Später beim Schnorcheln um die
Felsen Devil’s corner habe ich die wunderschöne Gelegenheit, einen Weißspitzenriffhai
unter dem Wasser zu beobachten, doch ich erschrecke, als ein riesiger fetter
Seelöwenbulle meine Fußspitzen beschnuppert, weil wir seinem Harem unter Wasser
zu nahe gekommen sind. Am Abend im milden Sonnenlicht präsentieren sich uns in
voller Pracht fünf Orcas (Killerwale) auf Seelöwenjagd. Wieder an Land
spazieren wir in einem Opuntienwald auf der Insel North Plaza zwischen bunten
Landleguanen. Sie können überhaupt nicht schwimmen und ernähren sich von den
stacheligen Blättern der Opuntien (Feigenkakteen), deren gelbe Blüten ihren
Rückenstacheln die Farbe verleiht. Auf den steilen Klippen im wilden Meer haben
sich Seelöwen-Junggesellen zurückgezogen, die entweder noch keinen Harem hatten
oder daraus ausgestoßen wurden. Erst wenn es dunkel wird, gehen wir zurück auf
das Schiff, wo wir uns wehmütig bei einem Cocktail verabschieden. Erstaunlich,
wie sich die Iceplanes während der Trockenheit von Grün zu Rot verfärben, in
der Regenzeit speichern sie Wasser in ihren spitzen schmalen Blättern. Sie
werden Rot, um nicht von den Landleguanen als wasserspeichernde Pflanzen
erkannt zu werden.
25. Februar 2004
Isla North Seymour ->
Quito
Um 6.30 Uhr morgens,
schon vor dem Frühstück, landen wir auf North Seymour, um während eines kurzen
Spazierganges die sich paarenden Blaufußtölpel und Fregattvögel mit ihren
roten, pall aufgeblasenen Kinn-Säcken zu sehen. Es ist ein Paradies, nicht für
Menschen, für die ist es zu trocken hier, und kein Grundwasser kann sich in dem
harten Magmatit-Boden sammeln. Das Leben hier ist schwer und härter als es auf
den komfortablen teuren Luxusyachten erscheint. Aber für die Tiere hier bedeuten
diese Inseln ihre paradiesische Zuflucht, wo sie keine natürlichen Feinde
kennen und sich bestens an die harten Bedingungen ohne Süßwasser und ohne
richtige Erde angepasst haben. Deshalb kann man nur hier mit Seelöwen unter
Wasser spielen, zwischen den Tölpeln hocken und ihnen während des Paarens
zuschauen. Nur hier muss man aufpassen, um nicht auf irgendwelche Lequane zu
treten oder von Riesenlandschildkröten aus dem Weg geschubst zu werden. Deshalb
sind diese Inseln ein Wunder für uns und nicht da, um dort zu leben. Dafür sind
wir nicht entwickelt genug. Wir können hier nur am besten die Evolution der
Arten kennen lernen.
Nach heftigen
Turbulenzen zwischen Galapagos und Quito landen wir um 15.30 Uhr in der
Hauptstadt. Was mich und auch die anderen drei Ex-Piloten, die mitreisen,
wundert, ist das (nach internationalen Vorschriften verbotene) Auftanken des
Flugzeuges in Guayaquil mit
Passagieren an Bord, aber in Ecuador gibt es andere Bestimmungen. Ansonsten ist
der Service angenehm in den Flugzeugen der nationalen Gesellschaft Tame und es gibt auch reichlich viel Platz im neuen
Airbus 320. Die zwei Stunden bis zu Michaels und Eileens - unsere verabredeten
Motorradfreunde aus Deutschland - Ankunft aus Düsseldorf verbringen wir in
einem Internet-Cafe. Um 6 Uhr abends holen wir sie vom Flughafen ab und
übernachten wieder im Luxushotel Hilton-Cologne. Sehr ärgerlich, dass sie uns die 10
Ersatz-Lithium-Batterien für die neue Pentax-Digital-Spiegelreflex,
verschiedene Klebstoffe und Dichtpasten und Ersatzteile für das Motorrad
entfernt haben, da sie für Gefahrengut klassifiziert wurden. Also frage ich
mich, wo die ihre Lizenz erhalten haben. Die Batterien wurden als Gepäck
nachgeschickt, doch klar, sie sind verloren gegangen und kommen - wenn überhaupt
- erst am nächsten Tag. Abends essen wir sehr teuer für 84 Euro für vier
Personen spanische Gerichte und plappern völlig enthemmt nach zwei Karaffen von
Sangria.
26. Februar 2004
zurück in Quito
Frühmorgens schwimmen
Claus, Michael und Eileen noch eine Runde im Swimmingpool des Hotels, während
ich ihnen verfroren zuschaue. Danach gibt es ein üppiges Frühstück und ab ins
Frachtbüro, um die Zollpapiere abzuholen und loszufahren. Doch der Papierkrieg
geht erst jetzt los. Freundlich, aber verwundert, wird uns klar gemacht, dass
man mindestens drei Tage für die Transit-Erlaubnis braucht und außerdem waren
Montag und Dienstag Feiertage wegen der Karneval-Umzüge. Nach einer Stunde holt
uns ein Zollvermittler ab und wir bezahlen 295 Dollar. Der Vermittler fährt uns
zu der Zolllagerhalle, wo wir unsere Motorräder zusammenbauen können. Trotz
starker Hoffnung werden die Zoll-Papiere heute nicht fertig. Nachmittags spazieren
wir ein bisschen um die San Francisco-Kirche, abends stelle ich enttäuscht fest, dass die
Schachtel mit den Lithiumbatterien nicht angekommen ist. Dafür liegt ein
Vorward-Telex für den nächsten Tag bereit. Wieder einen Tag verschwendet. Wir
nehmen ein Taxi und suchen ein preisgünstiges Hotel. Der Fahrer zeigt uns ein
Hotel für 37 Dollar, aber die Bettmatratzen hängen durch und es gibt auch kein
Wasser. Wir versuchen es im Hotel Sebastian, das von einer Woche auf die andere
Zimmer für 71 Dollar anbietet. Nach langem Suchen finden wir das Hotel Petit in der Innenstadt, ähnlich einer Jugendherberge,
für 24 Dollar das Vier-Bett-Zimmer. Das Bad ist wirklich sehr eng, aber warmes
Wasser gibt es wenigstens und die Betten sind bequem. Eileen legt sich gleich
schlafen und wir gehen noch um die Ecke in einem Lokal für Einheimische etwas
essen. Das Essen schmeckt zu exotisch und ungewöhnlich, um es genießen zu
können. Während Claus zurückkehrt ins Zimmer, gehe ich noch mit Michael die
Straße auf und ab spazieren und reden über Eileen und die Welt. Auffallend sind
die Busse hier. Es gibt zwar Busstationen, aber es gibt neben dem Fahrer noch
einen Anwerber, der lauthals die Richtung des Busses herausschreit und um
mögliche Passagiere auf der Straße wirbt. Wenn sich welche finden, stoppt er
einfach, wo er gerade benötigt wird, mitten auf der Straße, in der Kreuzung
oder in der Ecke, nicht an der Ecke. Dass dabei der Verkehr zusammenbricht, ist
doch klar.
27. Februar 2004
Quito
Frühmorgens um 6 Uhr
wachen wir alle vier auf und bereiten uns hoffnungsvoll auf die Befreiung der
Motorräder vor. Um 9 Uhr belagern wir schon unseren Agenten, der auch mit den
Papieren gleich zum Zoll geht. Nach etlichen Wartestunden, Herumhocken und
Streicheln des Motorrades kommt er um 14 Uhr mit der freudigen Botschaft
zurück, dass wir endlich fertig sind. Doch die Tore der Lagerhalle werden uns
trotzdem nicht geöffnet, weil ein Zöllner mit den Papieren nicht zufrieden ist.
Nachdem ich ihn ein bisschen zurechtweise, muss ich feststellen, dass irgendein
Beamter die falsche Zulassungsnummer in das Anschreiben getippt hat. Also
zurück zum Zoll. Als es spät wird, blockieren wir einfach den Eingang der
Lagerhalle mit den Motorrädern, so dass sie nicht mehr aufladen können und ich
rufe Agmetrans an, die sofort
den Chef Enrique vom Zoll schicken. Ich gehe auch ins Gebäude und muss erstaunt
und fassungslos zusehen, wie unsere Anschreiben für Transit hin und her
geschoben werden, mal weil unsere Herkunft Los Angelos ist und wir nach New
York wollen oder die Formatierung des Textes entspricht nicht den hohen Anforderungen des
ecuadorianischen Zolles, der nur halbseitig und nicht viertelseitig sein darf und nur zentriert kann man den Inhalt auch wirklich begreifen.
Gegen 4 Uhr platzt mir der Kragen und vor den erstaunten Augen von Enrique und
Senior Fereira und natürlich den Beamten schimpfe ich auf spanisch die ganzen
Ecuadorianer wortwörtlich Analphabeten und frage sie direkt, ob sie gerade
jetzt schreiben lernen. Ich rücke ihnen auf die Pelle, folge ihnen in alle
möglichen Büros und setzte meine böse Miene auf. Es scheint gewirkt zu haben,
denn genau fünf Minuten vor Dienstschluss Freitag nachmittag fahren wir die
Motorräder auf die Straße. Schon fast im Dunkeln fotografieren wir das Denkmal
am Äquator Mitat del Mundo,
das historisch fasch eingemessen ist und 800 m zuweit südlich liegt. Abends
noch eine frohe Botschaft; wir erhalten unser Päckchen mit den Batterien und
Ersatzteilen. Endlich frei. Wir übernachten in einem Hotel auf der Avenue de
Amazone, wo wir trotz Lärm
einschlafen.
28. Februar 2004
Quito -> Riobamba (277 km)
Wir blicken über
Steinpflaster, die entlang der Galerien der Anden emporragen, bis unter die Wolken, von oben
blicken wir auf die grünen Täler. Zwischen Baños
und Riobamba ist der Asphalt nicht überschwemmt, sondern hunderte von Metern mitsamt
Straße komplett weggerissen in die Tiefen des Flusses, so dass wir uns entlang
der schwarzen Schlammwände auf improvisierten Spuren schlängeln, die über klaffende
Schluchten und provisorische Balkenbrücken verlaufen. Kurz vor Riobamba endet die Asphaltstraße in einem
grünen Abgrund. Ich frage zwar nach dem Weg, aber irgendwie sprechen die
Einheimischen nicht das Spanisch, das ich brav an der Uni gelernt habe. Nach
mehrmaligen hoffnungslosen Versuchen auf Schlammspuren, die rechts und links
abgehen, finden wir die richtige Piste nach Riobamba. Üppige Landschaft in der
feuchtwarmen schweren Luft mit prächtigen blühenden Agaven unter regelmäßigen
Ackerfeldern, die sich bis auf die Spitzen der Berge emporziehen.
Überall auf den Straßen
Slogans und Ratschläge für die Bevölkerung. „Aora es sel tempo de estar et
punto a tracbaco“. Oder: “Die
Stadt gehört euch, haltet sie rein”.
„Beachtet die Verkehrszeichen“.
Es ist eine komische Zivilerziehung.
In Quito verliert man
sich sehr schnell. Wir warten an einer Kreuzung auf Micha, nachdem er falsch
abgebogen ist, doch parallel mit einem qualmenden lauten Bus fährt er an uns
vorbei, ohne uns zu sehen. Zum Glück macht uns ein netter Polizist darauf
aufmerksam, der wohl gemerkt hat, dass wir warten.
Wir übernachten im Hosteria
El Troce, 4 km außerhalb von Riobamba,
Richtung Chambo. Eine Anlage aus Hütten, hübsch eingerichtet im Stil einer
Hazienda, auf 30 Euro runtergehandelt, ohne Frühstück. Das Abendessen ist fad
und einfallslos.
29. Februar 2004
Riobamba -> Saraguro (425 km)
Um 7 Uhr morgens fahren
wir los Richtung Loja. Da es
bewölkt ist, lohnt es sich nicht, wieder zum Aussichtspunkt auf dem Chimborazo zu
fahren, der hinter dicken weiß-grauen Hüllen versteckt bleibt. Eileen hat einen
Zusammenbruch, sei es wegen niedrigem Zuckerspiegel oder zuviel Herausforderung
auf einmal. Nach einem kurzen Frühstück beruhigt sie sich und die Fahrt
verläuft angenehm. Eileen begeistert sich über den Weg durch die Wolken, das
Gefühl, so nahe am Himmel zu sein, scheint sie irgendwie zu befreien. Für Claus
und Michael ist es aber mühsam, immmer wieder durch Schwaden des dichten Nebels
zu fahren und der Sprühregen beschlägt die Visiere von beiden Seiten. Über den
Tälern von Canar laufen Claus und Michael hinter drei Alpakas hinterher, um sie
in einem Gegenlichtfoto zu verewigen. Doch die Viecher scheinen keine BMW-Kombis
zu mögen. In der charmanten Stadt Cuenca
essen wir eine leckere Pizza und ein italienisches Eis neben einem
großen Platz. Wir übernachten in Saraguro in der Pension Samana vassi.
01. März 2004
Saraguro -> Zorritos [Peru] (368 km)
Auf einem kalten Sprühregen
fahren wir los Richtung Loja. Die
nasse Kälte dringt tief in die Knochen ein. Aus der kargen Panorama-Landschaft
der Hochanden tauchten wir in
ein grünes Meer des Nebelwaldes, wo sich alles knäuelt und schlängelt. Feuchte
unerträgliche Hitze, ein Schweißfilm legt sich auf den ganzen Körper.
Bei Huaquillas überqueren wir die Grenze. Entlang der Straßen
wuchern unzählige Buden aus Pappe und Presskarton mit bunten Kleidern und
schreienden Händlern, so dass wir am Zollamt glatt vorbeifahren. Wieder geht
das Rennen zwischen Schaltern und Beamten los, kombiniert mit bravem Warten und
Kuchen. Doch diesmal dauert die Ausfuhrerlaubnis für die eigenen Motorräder nur
rund drei Stunden. Durch Menschenmassen und Verkaufsläden schlängeln wir uns
über die Brücke nach Peru. Die Einreise dauert höchstens 15 Minuten und der
Beamte fragt mich so unschuldig nach etwas für seinen Bauch, dass ich es ihm
nicht abschlagen kann. Die Zöllner begrüßen uns mit „Heil Hitler“.
Vor Zorritos feilschen wir für 10 Dollar pro Person in Punta
Cocco, eine hübsche Anlage am Strand. Die zwei bunten
Aras (Papageien) Lorenzo und Figo sind die Starmodells des Abends und Claus und
Michael können sich von ihnen nicht losreißen. Fröhlichkeit und Gelassenheit
der Menschen am Straßenrand fallen uns auf. Wasser wird in den armen Dörfern
der Wüsten mit Tanks gebracht.
02. März 2004
Zorritos -> Paita (276 km)
Wir genießen den kühlen
Morgen am Pool. Gegen 9 Uhr bereiten wir uns für eine heiße Fahrt vor. Trocken
und staubig durch Sandsteinfelsen und karges Gestrüpp. Es ist trotzdem eine
schöne Wüstenlandschaft mit eigenem Reiz. Claus und Michael entscheiden sich
für einen Abstecher von der Panamericana zum Dorf Colán. Der Weg wechselt
schnell zu Spuren im tiefen Sand, die zu einer Fußbrücke laufen. Mit Hilfe der
Einwohner schleppen wir die Motorräder die Treppe hinauf. Kurz vor dem Meer fahren
wir durch die Dünen, da entscheidet sich Claus umzudrehen, fährt über die weiße
Salzpfanne und bricht bis zu den Alukoffern in die salzige Schlacke ein. Was
für eine Arbeit, das Motorrad herauszuheben. Kaum zu glauben, dass nicht weit
entfernt von dieser feindlichen Gegend, wo die Geier ständig in den Lüften herumkreisen,
ein verschlafenes Dörfchen liegt, das uns mit kühlem Schatten und leckerem
Fisch erwartet. Es liegt romantisch zwischen steilen Klippen und dem wilden
Ozean.
Wir übernachten im
Hafenstädchen Paita, ein Hafen mit Flair und Charakter, wo alte hölzerne
Fischerkähne sich den Strand entlang reihen. Übernachtung im Hotel Miramare an der völlig untouristischen Promenade, aber
der lokale Ton verleiht dem Ort seine Authentizität.
Bei der Orts-Feuerwehr
erfahre ich, dass diese in Peru nur mit Freiwilligen arbeitet mit Ausnahme der
Flughäfen.
03. März 2004
Paita-> Huanchaco (513 km)
Bis Lambayeque fahren
wir eine endlose karge monotone Strecke auf der Panamerikana, zu der es kaum
eine Alternative gibt, durch die Wüste, ab und zu unterbrochen von schmutzigen
stinkenden Dörfern am Straßenrand. Die Rikschafahrt durch Lambayeque ist
romantisch, aber diese Dinger sind echt gefährlich im Verkehr.
Im Brüning-Museum in Lambayeque erfahren wir viele interessante
Dinge über die Kultur der Chimú und
der Mochica, danach besuchen
wir das Museo Tumbas Reales de Sipán und beide sind sehr interessante Museen, doch das Brüning-Museum erscheint wissenschaftlicher zu sein. Das andere
ist jedoch attraktiver mit Schauspielpuppen, praktischer Umsetzung und
natürlich deutscher Unterstützung. Die Mumie und die weltberühmten Goldschätze
des Fürst von Sipán wurden in
das Museo Tumbas Reales de Sipán
umgesiedelt und sind hervorragend präsentiert.
Nach 6 Stunden
Museumsbesichtigung fahren wir weiter nach Trujillo. Vor Trujillo biegen wir
Richtung Meer ab nach Huanchaco nahe der historischen Lehmstadt Chan-Chan, wo wir noch den
ersten Sonnenuntergang in Südamerika erleben. Wir schlafen für 20 Dollar pro
Person in Cazos Suissa, die
Pension gehört einer Schweizerin. Huanchaco ist ein relativ touristisches Dorf,
das malerisch am Ozean liegt, zwischen den trockenen Wüstenbergen. Es wird
wegen seines Strandes und zum Wassersport gerne von Reichen aus Lima, aber auch
von Fremden besucht.
04. März 2004
Huanchaco -> Trujillo (Kurzstrecke)
Chan-Chan besuchen wir frühmorgens, im Preisticket ist
noch ein Besuch des Huaca Esmeralda
eingeschlossen, ein kleiner Tempel und der Besuch des Huaca de la Luna, der Mondpyramide, die am Fuße eines Gipfels liegt, voll mit Sand
verweht. Die Pyramide wurde teilweise mit Wellblech gedeckt zum Schutz vor dem
Sand und Wind. Die verzierenden Dämonenfiguren in rot, schwarz und gelb sowie
weiß, eingerahmt in Rombusse, wurden gerade entdeckt. Es muss eine
Titanenarbeit gewesen sein, die Pyramide von Sand zu befreien. Etwa 500 m
weiter schlummert noch unausgegraben im Jahrhundertschlaf der Sonnentempel. Wir erleben einen surrealen Sonnenuntergang im
Pazifik. Wir spazieren am Abend noch durch Plaza de Armas in Trujillo.
05. März 2004
Trujillo -> Caráz (344 km)
Durch schmutzige,
übelriechende Wüste nach Chimbote, ein geschäftiger Hafen, malerische
Fischerboote vor der Küste. Aus Chimbote durchs reiche Santa-Tal, das mit den
hunderte Meter abfallenden Wänden immer wilder und schroffer wird. Es verengt
sich im Cañon del Pato. Vor Millionen Jahren schuf die Erde hier
Geschichte und warf gigantische Gesteinsschichten in Schwarz und Grau in den
Himmel empor und faltete sie senkrecht mehrere hundert Meter hoch, deren Füße
vom rauschenden Fluss gespült werden. Schmal schlängelt sich die Passstraße
entlang der steilen Felsen. Vor ein paar Jahren hatten die Menschen hier in dem
harten Felsen primitive Tunnels gebaut, man nennt sie auch noch die Straße der
tausend Tunnels. In Caráz übernachten wir in der Hosteria Jamana, sie gehört einer Deutschen und der hübsch reich
duftende Garten und die familiäre Atmosphäre heißen uns willkommen.
06. März 2004
Caráz -> Huascarán Nationalpark -> Caráz (301 km)
Die Wolken haben sich
nach dem nächtlichen Regen zwar verzogen, aber es bleibt verhangen am Morgen.
Wir fahren aus dem Dorf Yungay in den Llanganuco-Nationalpark, Eintritt 10 Dollar pro Person, in der Hoffnung,
dass das Versprechen auf schönes Wetter wahr wird. Kurz sehen wir den Huascarán-Gipfel (6768m) zwischen den Wolken. Gut befahrbare
Schlamm- und Steinpiste durch atemberaubende Andenlandschaft hoch in den Wolken
über schwindelerregenden Abgründen mit leuchtend roten Dörfern und bunt
gekleideten Bewohnern. Pflanzenpracht in den feuchten Tälern und Hängen. Wir
überqueren den ersten Pass (4890m) Richtung San Luis. Kurz vor dem Pass hört
der Regen auf und über den eisigen Wasserfällen taucht in voller Pracht der
stolze Huascarán als Lohn für
unsere Bemühungen und unser Betteln auf. Der letzte hohe Pass Punta Olimpica (4989m, selbst gemessen) erreicht die
Schneegrenze, die sich mit dem schwarzem Lehn vermischt, auf der anderen Seite
verschlucken uns dicke Wolken, die uns erst in Huaráz verlassen. Kurz vor
Rückkehr ins Tal geht Michael der Sprit aus, Claus und ich fahren hinunter in
die Stadt, 5 km sind auf dem GPS eingezeichnet, diese entpuppen sich als eine
sich endlos durch die Nacht windende Schotterstraße, die dann endlich in die
Stadt führt. Wir mieten ein Taxi, tanken Benzin im Kanister und fahren damit zurück.
Spät um 22 Uhr, müde und verfroren, erreichen wir unsere warmen Betten in Caráz.
07. März 2004
Caráz -> Huaraz (145 km)
Obwohl wir früh
aufstehen, werden wir erst gegen 10 Uhr befreit von der Wirtin von der Hosteria
Jamana. Irgendwie scheint sie
Probleme zu haben, uns ein paar Rechnungszahlen mitzuteilen, geschweige denn zu
schreiben, und sie klammert sich an eine illusorische Verlängerung unseres
Aufenthaltes. Die Gründe dafür können wir bloß vermuten und liegen
wahrscheinlich in der Vergangenheit, Spekulationen über ihre Einsamkeit hier am
Ende der Welt sind unangebracht. An der Laguna Paron verbringen wir sehr viel Zeit mit Fotos, Reden
und bloßem Genießen der grandiosen Landschaft und der gletscherbedeckten Gipfel
um den türkisfarbenen See. Der Weg führt zurück und dann weiter nach Huaráz,
auf dem Asphalt legen wir ihn schnell zurück und um 18 Uhr abends quartieren
wir uns schon im Hostal Chatzi.
Wie versprochen können wir heiß duschen und der junge Mann räumt sehr gastfreundlich
alle Möbel aus dem Weg, damit die Motorräder im Patio (Innenhof) abgestellt
werden können. Während wir in einer Pizzeria in der Innenstadt essen, fesselt
mich eine Melodie, so dass ich nach etwas Zögern der Besitzerin anbiete, ihr
die CD abzukaufen. Das nette Gespräch endet mit gegenseitigen Einladungen.
08. März 2004
Huaraz -> La Unión (261 km)
Wir versuchen die
Passstraße nach Chavin de Huántar zu fahren, doch auf der anderen Seite hinter
dem Tunnel werden wir aufgehalten. Erst ab 14 Uhr ist die Straße Richtung
Chavin frei und ab 18 Uhr können wir zurückfahren, da die Ausbesserungsarbeiten
voll im Gange sind. Den Tunnel könnten sie auch verbessern. Überall tropft
Wasser aus der Decke. An einer malerischen Lagune frühstücken wir und fahren
weiter Richtung La Unión im Huascarán-Nationalpark, Pastoruri-Tal,
in der milden Gebirgssonne bewundern wir die seltenen, riesigen Puya Raimondii-Pflanzen, die achzig bis hundert Jahre
wachsen, um dann eine 20m hohe Blüte hervorzubringen und abzusterben. Sie
wachsen nur einigen wenigen Stellen zwischen 4100m und 4300m Höhe auf Südhängen.
Die Piste ist teilweise verschlammt bis La Unión. Ich fühle mich sehr schlecht,
ich habe Migräne und freue mich, dass ich in einem Bett schlafen kann. Wir
übernachten in Pica Floor, wo
es nur ein gemeinsames Bad gibt.
09. März 2004
La Unión -> Huayllay (306 km)
Dieser Tag ist eine
reine Verbindungsstrecke mit Motorradwaschen und Frühstück in Huánuco. Ab Cerro
de Pasco Schlammstraße nach Huayllay. Eisig kalt, hässliche Minenstadt, wo nur
noch Erzschichten herausragen. Wir übernachten in einem sehr einfachen Lokal,
sehr kalt, keine Isolation, kein Bad, bloß ein Waschbecken auf dem Flur. Michael
hat eine Hinterradpanne.
10. März 2004
Huayllay -> Andenquerung -> Lima (245 km)
Es gießt in kalten
Strömen, wir warten, bis es aufhört. Jetzt ist auch Michael krank, er leidet an
Übelkeit. Auf dem Pass Abra Antajirca (4.785m), schneit es, wir wollen alle nur noch weg von hier.
Innerhalb weniger Stunden steigen wir von der eisigen Kälte hinab zum Pazifik
in den Dunst der Küste. Wir suchen bei einem Honda-Händler Schläuche für Claus,
weil wir eine Vorderradpanne hatten. Doch es gibt keinen Schlauch auf Vorrat.
Wir brauchen eine Stunde durch den Stadtverkehr bis ins Zentrum. Wir
übernachten im Hostal Roma,
wir unternehmen noch einen nächtlichen Spaziergang durch Placa Major mit kolonialem Charme und schön beleuchtet.
11. März 2004
Lima -> La Oroya ->
Huancayo (318 km)
Unser kleiner
Spaziergang am Morgen durch die reizende Altstadt wird nur durch den Qualm von
einem brennenden Handy-Geschäft gestört. Schön verzierte Holzbalkone, Fresken
und Skulpturen in Stein, aber vier Block weiter von Placa Major ist die Stadt schmutzig, heruntergekommene
Häuser, das ist Lima von der anderen Seite. Beim Correo central (Markthallen) kann ich mich nicht abhalten, drei
kleine Bücher zu kaufen als Erinnerung. Taxirundfahrt an der Küste entlang von
Magdalena bis Miraflores. Für den Reiz der Altstadt bezahlen wir mit einer
Hölle von 22 km Länge Fahrt durch lärmenden stinkenden Verkehr, bis wir mit
schwarz verschmierten Gesichtern herauskommen auf die Carretera central (Haupstrasse Richtung Anden). Über den Pass Abra
de Anticona
(4843m), den gleichzeitig höchsten Pass für die Eisenbahn
(angeblich soll sie seit 1999 stillgelegt sein) überqueren wir die Anden.
Hinter dem Pass sehen wie eine Diesellok mit Warenwaggons Richtung Lima. La
Oroya, Wellblechstadt, geschäftig und staubig inmitten von abgeschürften abgetragenen
roten Hängen. Wir übernachten im angenehmen freundlichen und familiären Hostal
Peruandino.
12. März 2004
Huancayo -> Ayacucho (309 km)
Anstatt die Carretera
central durch das Tal zu fahren,
erwischen wir die nördliche Route aus Huancayo, die fast gänzlich auf hoch
gelegenen Gebirgskratern verläuft. Wir schrauben uns hoch auf engen Erdkurven
oberhalb der grünen Bergrücken über den Wolken und über viele Pässe in der
milden Andensonne. Hinter dem letzten Pass erleben wir einen wunderschönen Abstieg
von der kargen Hochlandvegetation mit kurzen Grassteigen und Alpakas zwischen
violetten und weißen Kartoffelblüten durch dicht gewachsene Eukalyptusbäume und
duftende Blüten bis tief ins trockene Tal mit roten steilen Felsen,
ausgetrockneten Bächen, prallroten Kaktusfeigen und riesigen Agaven. Eine dürre
Landschaft mit eigenem Reiz. Auf einem Platz zwei Vorderradpannen, schnell repariert.
Die Mitfahrer von einem Bus schauen uns zu bis zum Moment, wo das Pumpen
beginnt, dann zischen sie ab. Der zweite grauenhafte Bus-Unfall den wir sehen,
der erste war auf der Panamerica Norte, und zwar ein Bus kollidierte mit einem LKW frontal, der LKW war
bis zur Hälfte des Busses reingefahren. Hier stürzte ein Minibus in einen
Abgrund und war bis zur oberen Hälfte im Boden versunken. Zeugnisse von dem
selbstmörderischen Fahrstil hierzulande. Der Motor von Claus sprotzt und spuckt
widerspenstig bei dem Aufstieg, das 80er Benzin in dieser Höhe scheint ihm
nicht zu bekommen, das wir gestern gekauft haben. Diesel zu vermischen hilft
ihm auch nicht viel, das machen wir um den Siedepunkt zu erhöhen (in grosser
Höhe siedet das Benzin im Vergaser auf). Spätabends durch Nacht und Regen
erreichen wir Ayacucho, eine der gefährlichsten Städte Südamerikas und ehemals
das Zentrum des Sendero Luminosa
(Terrorgruppe „leuchtender Pfad“). Wir übernachten im Hostal La Criorenna auf der Dachterrasse. Nettes Zimmer mit herrlichem
Ausblick.
13. März 2004
Ayacucho -> Ocobamba (287
km)
Schlechter Weg über die
Puna, kalt, windig, karg.
Gras solange das Auge reicht. Oben in der unwirtlichen Gegend Schlangenbiss
(Plattfuss mit zwei benachbarten Löchern) beim Vorderrad von Claus. Ein Gefahrenguttransporter
mit zwei bewaffneten Männern spendet uns Pressluft. Der Weg schlängelt sich
unendlich in friedlicher ruhiger Landschaft, die Ewigkeit scheint hier geboren
zu sein. Die Nacht überrascht uns 20 km vor Andahuaylas, also biegen wir 2 km
von der Hauptstraße zum Hauptweg ab, der neue Hauptweg, denn der alte wurde im
Dezember 2003 verschüttet von starken Regenfällen. Wir übernachten im kleinen
Dorf Ocobamba in einem Hostal, einer sehr freundlichen Mama, die uns herzlich
in die Arme drückt den ganzen Abend. Da es ihr Geburtstag ist, werden wir zum
Abendessen eingeladen. Die große hübsche Tochter will mir sofort Ketchua lehren, die Mama klärt uns auf, dass wir die
gefährlichste Strecke Perus oberhalb von Ayacucho wegen vielen Überfällen in
der Puna durchquert haben. Zu
Ehren der Gäste wird das Bad vom Hausherrn eine halbe Stunde lang blank geschrubbt
und die Betten werden frisch überzogen. Es gibt auch eine Hochzeit im Dorf
zwischen einem Peruanischen Sänger und einer Deutschen.
14. März 2004
Occobamba -> Abancay ->
Cusco (363 km)
Frühmorgens treten wir
den Weg an durch den feuerroten Lateritboden zwischen der reichen Natur. Fast
ohne Pause fressen wir Kilometerstaub bis Abancay durch schlafende Dörfer. Aus
Abancay dürfen wir eine Teerstraße bis Cusco fahren. Auffallend ist, dass
Straßenhinweise in 90% der Fälle die falsche Richtung anzeigen. In Städte wird
man von der Straße hineingeworfen, aber danach findet man keine Hinweise, wie
man herausfinden kann. Die Careterra (Strasse) mündet oberhalb der roten Ziegeldächer von Cucso. Die
erste Stadt in Peru, die den Eindruck von Struktur, Bauordnung und Harmonie
vermittelt. Ein vorausfahrendes Taxi führt uns durch die abendliche Altstadt
zum Hostal Marani, ein weißes
Haus in einer engen mittelalterlichen Straße mit einem großen Patio und hohen,
strengen Räumen. Hier strahlt ein herrschaftlicher Komfortbau und Wohlstand auf
Spanisch.
15. März 2004
Cusco
Mit den ersten Strahlen
an einem blauen Himmel beginnen wir unseren Ausflug durch die alte Inka-Hauptstadt. Zuerst besorgen wir uns ein
Fahrticket bei Peru-Rail für
Machu Picchu. Peru-Rail ist
eine reiche private Gesellschaft mit angemessenem Niveau. Vistadom (Zug mit
Glaskuppel) ist uns zu teuer, also nehmen wir Backpacker-Ticket für 60 Dollar
pro Person. Einheimische zahlen 1,50 Dollar, da dürfen Ausländer aber nicht
mitfahren. Knallharte Abzocke. Danach telefoniere ich noch nach Aguas Calientes
mit einem Hostal Pacopucet,
die Leute da scheinen froh zu sein, dass zwei Doppelzimmer reserviert werden.
Danach machen wir mit einem Taxi eine ganztägige Rundfahrt für 60 Dollar für 4
Personen. Zuerst besuchen wir die beeindruckenden Ruinen der Festung Sacsayhuaman über den Straßen von Cusco, meisterhaften
Verfugungen von Riesenblöcken aus Granit und Andasit geschliffen in der
gewünschten Form. Bei dem unscheinbaren Monolith Chuenaca erklärt mir gegen ein Lächeln der Wächter, wie
sie den Felsen als Kalender für die Landwirtschaft benutzt haben. Die
verschiedenen eingeschnitzten Figuren, Lama, Puma usw. werden in verschiedenen
Monaten unterschiedlich beleuchtet. Am 21. Juni am Jahresanfang im Winter. Bucha
buchara, sehr wenig davon übrig
geblieben, kaum interessant, Tambo Machai, ein schöner Brunnen, danach frühstücken wir um 12 Uhr im
künstlerischen charmanten Lokal Grotta Mundo auf dem Plaza Major im ersten Stock in einer poemischen Atmosphäre
und mit Blick auf das schöne Plaza. Eileen bevorzugt einen dreistünden
Reitrundgang, während wir durch die großen Steinwände der Altstadt schlendern,
durch alte Kolonialhäuser und enge Gassen. Beeindruckend dabei ist der Conventor
de Santo Domingo, ein Gebäude im
alten Inka-Palast, Copicaucha, von einem Erdbeben 1950 freigelegt und dem
Kloster mit kitschigen Gemälden. Abends kaufe ich mit Claus viel Schmuck ein
und wir essen romantisch zu zweit in La Chicolina, ein erstklassiges Gourmet-Restaurant in der San
Augustino-Straße.
16. März 2004
Cusco -> Machu Picchu (Eisenbahn)
Um 6.15 Uhr fahren wir
mit Inka-Rail auf die Sekunde
pünktlich los, sehr sauber und komfortabel. Im Zickzack steigt der Zug
schnaufend über Cusco, schaukelnd wie ein alter Kahn bei starkem Seegang.
Endlich, nach 4 Stunden Fahrt zwischen Maisfeldern und schließlich durch eine
Urwaldschlucht, erreichen wir Aguas Calientes, wo wir gleich von einer Frau vom
Hostal (Pension) erwartet werden. Trotz der ziemlich vollen Züge merkt man hier
die Flaute an Touristen an den leeren Restaurants am Abend. Wir schlafen in
einem guten Hostal, angenehm für 20 Dollar. Wir nehmen sofort den ersten Bus
hinauf nach Machu Picchu, ärgern
uns aber über 20 Dollar Eintritt pro Person am Tag plus je 9 Dollar für die 20
Minuten Busfahrt hin und zurück. Die drei Stunden Wanderung bis hinauf wollten
wir uns nicht erlauben aus Zeitmangel. Endlich breitet sich mein Traum vor
meinen Augen aus. Vom Aussichtspunkt entfaltet sich 400 m auf den steilen, grün
überwucherten Felsen die geheimnisvolle Stadt Machu Picchu und unten tost
gefährlich der Urubamba-Fluss. Mitten im
bogenförmigen Tal ragt der Huayna Picchu mit dem abgeflachten Machu Picchu auf, umspült von den braunen Gewässern, die aus
dem Urwald schnellen. Ich kann mir nicht erklären, wie die Bewässerungskanäle
gefüllt wurden, von wo das Wasser genommen wurde. Zwei Stunden warten wir
geduldig am Aussichtspunkt, bis wir mit warmer Sonne und abziehenden Touristen
beglückt werden. Dann, ab drei Uhr, leert sich die Anlage schlagartig, die
Leute wollen zum Bahnhof zurück. Es ist ein Meisterwerk und ein Geheimnis, wie
die Erbauer das alles geschafft haben. Hier oben auf den steilen,
schwindelerregenden Felsen, und wozu überhaupt.
Es gibt einige Theorien
dazu. Eine besagt, dass Machu Picchu
als strategische und nahezu uneinnehmbare Festung gebaut wurde, um die Völker
leichter zu unterwerfen, die in diesem Gebiet lebten. Eine andere Theorie
besagte, dass Machu Picchu
identisch mit dem letzten Zufluchtsort der Inka, Vilcabamba, ist. Inzwischen ist man aber der
Meinung, dass das nicht sein kann. Man hat in Machu Picchu allerdings deutlich
mehr weibliche als männliche Skelette gefunden, deshalb glauben auch einige
Wissenschaftler, dass sich hier ein Aclla Huasi, ein "Haus der auserwählten Frauen" befunden habe. In neueren Studien
wird gesagt, dass dieser Ort ein mit astronomischen Beobachtungen verbundenes
Kultzentrum war.
Müde und erfüllt kehren
wir um 17 Uhr abends zurück und essen noch schnell was, bevor wir früh ins Bett
fallen.
17. März 2004
Machu Picchu -> Cusco (Eisenbahn)
Die Feuchte der Nacht
dringt unerbittlich in die Kleider und in die Bettwäsche und lässt sie an der
Haut kleben. Frühmorgens liegen dichte Nebelschwaden über der Kluft von
Urubamba und hüllen geisterhaft die schweigende Bergwald und die stummen Steine
Machu Picchus ein. Wir warten in einem Wächterhäuschen über den Ruinen, dass
der Regen den Nebel verschluckt. Im Wächterhäuschen des Friedhofs versteckt
sich vor dem Regen auch der Wächter Oswaldo. Während die Jungs die sich
lichtenden Ruinen fotografieren, erzählt mir Oswaldo von den Konflikten in Peru
zwischen den korrupten Machtvertretern und den armen benachteiligten Hochlandbewohnern.
Er hat selber eine Bildung als Anthropologe genossen und weiß ziemlich viel
über die Andina-Kultur zu
erzählen, über ihre Götter im Himmel, Paccho Mama, und er erklärt mir, der einzige Wasserkanal,
der hier die Ruinen durchfließt, wurde zum Konsum gedacht und wird aus einer
Quelle alimentiert, die in der Nähe liegt. Die Steinwände der Terrassen aus
Granit speichern, in ihrer Richtung gebaut, die Morgensonne und geben die Wärme
nachmittags ab. Gut für die Pflanzen also. Unter der Erde befinden sich
Sandschichten in den Terrassen, die das Wasser absaugen, was zum Problem werden
kann während der Regenzeit. Machu Picchu ist politisch gesehen Mittelpunkt
zwischen Anden und Urwald
gewesen, religiös oben auf dem Berg dem Himmel am nächsten und wirtschaftlich
unabhängig, denn unten im schattigen Tal wachsen keine Kartoffeln und Mais. Oben
auf der Plattform gibt es viel mehr Sonne, geschützt durch Terrassen, die
Technik ist außerdem von unten nicht sichtbar. Gegen Mittag mit den nach
Zugankunft anströmenden Tagestouristen verlassen wir erneut Machu Picchu und
schlendern durch Aguas Calientes. Der Bahnhof für Touristen ist eingezäunt und
bewacht, man darf nicht ohne Ticket hinein. Der Bahnhof für Einheimische liegt
hinter dem Ort und die Züge unterscheiden sich gewaltig voneinander. Die
Touristen werden sorgfältig abgetrennt und vor den Einheimischen in Sicherheit
gebracht, sollen sie doch den fünfzigfachen Fahrpreis bezahlen. Um 8 Uhr abends
erreichen wir wieder Cusco.
18. März 2004
Cusco -> Puno (410 km)
Nach kräftigem Regen
und Herumrechnen mit Nachtwächtern wegen korrektem Wechselkurs fahren wir aus
Cusco los. Sehr kalt und windig, endlose langweilige Puna, umrahmt von kleinen Bergspitzen. Gegen 11.30
Uhr sind wir so müde und gelangweilt, dass wir in der wärmenden Sonne wie
Eidechsen am Straßenrand einschlafen. Um 14 Uhr erreichen wir auf guter Straße
Puno und fahren dann auf einen verbotenen Hügel links von der Straße ab. Von da
haben wir die beste Übersicht auf den großen Titicaca-See. Im Hostal La
Casta del Abuello schlafen wir
für 15 Dollar und buchen auch gleich im dazugehörigen Reisebüro einen privaten
Ausflug mit eigenem Schiff samt Skipper für zwei Tage mit vier Personen für 200
Dollar im Ganzen. Puno ist eine uninteressante schmutzige Hafenstadt.
19. März 2004
Titicacasee -> Uro-Inseln
-> Isla Taquile (Boot)
Die Almara-Sprache gehört zu den präinkaischen Sprachen, Puno heißt auf Ketchua
Pucipampa, die schlafende
Ebene.
Die Insel Taquile: 200 v. Chr. erblühte hier die Kultur
des Tiahuanaco, 540 n.C. wurde
sie von den Inkas erobert und
1580 von den Spaniern. Bis
heute wird noch die katalanische Tracht auf der Insel getragen.
Die schwimmenden Schilf (Totora)-Inseln:
Hier wird die Geschichte mit der Modernen verknüpft. Die Totora-Inseln werden
heute mit blauen Plastikfolien abgedichtet, sogar die schönen Köpfe der
Schilf-Boote, die Pumas, Schafe, Frösche oder Alpakas darstellen, sind mit
Coca-Cola-Flaschen-Augen verziert.
Gegen 11 Uhr erreichen
wir die Sandsteininsel Taquile, von ruhigem Wasser umspült, tiefe Stille und
Frieden am Morgen, vor allem keine Touristen.
Terrassenanbau: Für 5
Jahre wird eine Terrasse angebaut, 5 Jahre wird sie brachgelegt wegen der
Fruchtbarkeit. Die gemeinschaftlichen Arbeiten und Bauten werden von allen
Familien des Dorfes verrichtet. Jede Familie muss hier zwei Tage arbeiten, auch
die 21 Restaurants sind Hälfte/Häfte, in Schichten also, geöffnet. Soziale Unterschiede
werden streng geregelt durch Farben und Bekleidung. Weiß-rote Mützen für ledige
Männer, rote für verheiratete Männer, bunte mit Oberläppchen für den ältesten
Rat, bunte Quasten und 12 Röcke sind nur für ledige Frauen erlaubt. Unschuldige
Naivität aus der Tiefe von Jahrhunderten zerstört durch das Eindringen der
brutalen Außenwelt der Touristen, verführt durch TV und modernden
Tourismus-Kitsch. Frauen laufen umher, spinnen fertige Knäueln in Stabilo-Boss-Farben.
Die meisten Touristen kaufen es ihnen auch ab, frisch und originell sind noch
die strickenden Jungen, die ganz feine Muster und schöne Handarbeit verrichten.
Für uns enttäuschend, riecht schon nach Abzocke, wir übernachten nicht bei einer
Familie auf Matten, wie vorgestellt, sonder in einem Hostal mit einem
Restaurant. Sie verwenden nicht mehr die altbewährten Farben der Cochinilla
Opuntien, sie wurden umgetauscht in künstliche Acryl-Farben. So haben sie fast
alle Opuntienkakteen abgeschnitten.
20. März 2004
Isla Taquile -> Puno ->
Copacabana [Bolivien] (152 km)
Wie blau der Himmel
sein kann in 4000 m Höhe auf der Insel Taquile. Auf dem Rückweg besuchen wir
noch drei untouristische Uro-Inseln, die alle Almara sprechen. Auf Taquile und Amantani spricht man
dagegen Ketchua. Um 14 Uhr
ziehen wir uns schnell um und fahren gleich weiter nach Copacabana, begleitet
von dem herrlichen Blick der Cordillera Real (Königskordilliere), die sich weiß verschneit am
dunklen Horizont erheben. Der Grenzübergang nach Bolivien verläuft problemlos,
außer dass die Policia auf beiden Seiten einen kleinen Beitrag für das Wohl der
Büros, auf die abgeblätterten Wände deutend, verlangt. Ein Soles bzw. 20
Bolivianos reichen aus. Copacabana erreichen wir bei Nacht. Wir schlafen im Hostal
La Cupola, sehr kalte Nacht,
obwohl es Sommer ist.
21. März 2004
Copacabana -> La Paz (165
km)
Nach Copacabana müssen
wir die Tiquina-Enge mit einer klapprigen Fähre überqueren. Als Claus vom
Motorrad absteigt, tritt er in die Leere zwischen zwei morschen Brettern auf
dem Fährdeck, stürzt fast einen Meter tief dazwischen und bricht sich dabei
fast seinen Schenkel ab, als noch das Motorrad auf ihn stürzt. Zum Glück ist es
nur eine schmerzvolle Quetschung. Wir fahren durch eine schöne Landschaft bis
kurz vor La Paz und ein plötzlicher, heftiger eisiger Regen durchnässt uns. Die
Straße endet in einer Baustelle und durch einen irren Verkehr schlängeln wir
uns hinunter in das Zentrum der riesigen Stadt. Wir übernachten im Hotel
Espana in der Nähe von der Prado-Straße, ein ruhiges Plätzchen inmitten von Hochhäusern
und lärmenden Straßen. Bequeme Zimmer. Die Stadt ist groß, hässlich, voll mit
Leuten und Hochhäusern neben baufälligen Buden.
22. März 2004
La Paz -> Yungas -> La Paz (120 km)
Michael ruft den
Flughafen in La Paz an, doch sein Federbein ist noch nicht angekommen, das er
bestellt hat. Seit einigen Tagen ist die Dämpfung kaputt, weil das ganze Öl
herausgelaufen ist, und das ist ihm schon mal in auf der Afrikatour mit Claus
passiert. Eigentlich sollte das bei so einem teurem Markenprodukt (White Power)
nicht vorkommen. ADAC Deutschland widerruft auch seine Aussage und sagt, es
wird Montag Abend ankommen. Wir entschließen uns, in die Yungas zu fahren, doch
dichter Nebel und Nieselregen verhindern es, etwas von der Straße mit den
angeblich gefährlichsten Deppen der Welt zu sehen, wo der Verkehr durch ein
Schild links geregelt ist. Also kehren wir nach ein paar Kilometern und zwei
Beweisfotos zurück. Claus und ich verschönen uns den Nachmittag beim Friseur
und nach einer deftigen Pizza bei Alice fahren wir zum Flughafen. Wir fragen bei Lloyd-Bolivia nach, doch auf der Frachtliste vom 22. März ist
Michas Ersatz-Federbein immer noch nicht drauf.
23. März 2004
La Paz -> Challapata (370 km)
Klar war gestern die
Fracht nicht auf der Liste, weil sie schon am 21. März da war. In zwei Stunden
erhält Michael reibungslos sein Federbein und in einer weiteren Stunde ist es
auch montiert. Die Straße nach Oruro führt durch eine trostlose arme Landschaft
auf dem Altiplano, wo nur der Wind herrscht. Durch Oruro und seine
stinkenden Slums, Abwasserkanäle auf den Straßen, fahren wir schnell durch und
halten erst in Challapata an, um im Dorfhotel am Platz zu übernachten. Wir
bekommen auch einen Einblick in das Fiesta-Leben der Indichinas am Tag des Meeres, zur Erinnerung an den Tag,
als Bolivien seine 130 km Meeresküste an Chile verloren hat. Ausgelassen und
betrunken mit Blaskapellen und Rummelplatz.
24. März 2004
Challapata -> Salar de Uyuni -> Isla Incahuasi (251 km)
Die strahlende Sonne am
Morgen überzeugt uns, die Durchfahrt auf dem Salar de Uyuni zu riskieren. Die gut befestigte Piste führt
durch den kargen Altiplano
zwischen stacheligen Büschen und rotgelben Chinua-Büschen, Getreideart Grano
del Oro, hochgeschätzt bei den Inkas wegen dem hohen Nährwert, die Suppe daraus schmeckt auch sehr gut.
Um 12 Uhr lassen wir uns je zwei Tüten Maggi-Suppe schmecken bei einem roten
See, der vermutlich aus einem versunkenen Krater entstand. Beim Vulkan Tunupa biegen wir auf den Salar ab. Welch ein Glück, Sonne, Wölkchen und eine
unendliche weiße Fläche. Ein Meer aus Salz und kein bisschen Wasser. Das
eindrucksvolle Gefühl, auf einer funkelnden Salzkruste zu fahren, verlässt uns
nicht einmal, als wir die Isla Incahuasi erreichen. Wir nähern uns der Insel,
die Räder verschlucken immer mehr Salzwaben, plötzlich, hinter der Inselwand,
tauchen Kakteensäulen auf, dann Strohdächer, dann Steinwände und siehe da,
mitten in dieser weißen Einöde erwartet uns ein kaltes Bier, Coca Cola und
Lamasteak, die Krönung ist der reine Schlafsaal mit Blick auf den Salar. Während die Säulenkakteen in der tiefen Stille
versinken, genießen wir ein unerwartetes leckeres Abendessen. Wir übernachten
auf der Insel im Campa Miento Mangos, nur das Restaurant ist für Touristen gedacht, nicht eigentlich für
Übernachtungen. Wir sind eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang angekommen, also
haben sie uns noch aufgenommen, weil sie die Kontamination der Insel verhindern
bzw. kontrollieren wollen.
25. März 2004
Isla Incahuasi -> Isla
Pescado –> San Cristóbal (276 km)
Mauritio, der Deutsch
sprechende Fremdenführer, teilt uns mit, dass wir zu den Glücklichen zählen,
die hier übernachten dürfen. Sie haben für selten erlaubte Übernachtungen
geöffnet, die Anlage besteht erst seit einer Woche, und wir gehören tatsächlich
zu den Begnadeten, da wir einen stillen Sonnenaufgang auf dem Salz genießen
können und frei über die Fläche rasen können. Gegen 9 Uhr tauchen die ersten
Offroad-Autos, vollgeladen mit ausschwärmenden Touristen, auf. Gegen Mittag
erreichen wir nach Kompass und GPS auf der topfebenen Salzfläche mit über 150
km/h (schneller laufen die Motorräder nicht auf knapp 3650 Höhenmetern) das
Städchen Uyuni, wo wir nur den Ausreisestempel holen, die Motorräder ordentlich
mit Dampfstrahlern von der Salzkruste abwaschen und etwas Essen einkaufen. Zoll
soll es an der Laguna Verde
geben und die Polizei direkt an der Grenze zu Chile. Auf der holprigen Piste
nach San Cristóbal, nach einem heftigen Regen
voll mit Schlaglöchern, flicken wir zum vierten Mal den Vorderschlauch. Die
Anfahrt auf dem Salar de Uyuni,
die wir als Ausfahrt benutzt haben, deprimiert durch viel Unrat auf dem Land,
verbaute Gegend und durch schlammig salzige Erde. Der Nordanstieg ist zu empfehlen.
Bewundernswert, wie die Leute es hier schaffen, in diesem salzig staubigen
Nichts fließendes Wasser zu zaubern. Wir übernachten in San Cristóbal im neuen Hotel Mangos, einer Oase voll Frische nach der staubigen
Route. Vorbereitung für die Laguna in den nächsten Tagen.
26. März 2004
San Cristóbal -> Laguna Colorada (213 km)
Ein gleißend blauer
Himmel treibt uns bei gerade mal 3°C früh aus den Betten. Von Villa Alota
fahren wir nach Anweisungen eines Dorfbewohners Richtung Villamar, der Loz
Vaya de La Frocas liegt auf dem
Weg dahin und nicht wie auf der Karte eingezeichnet. Die touristischen Skizzen
sind zwar alle hübsch gemalt, aber falsch und die Nelles-Map enttäuscht auch in
diesem Fall. Überhaupt sind alle Karten völlig falsch, wir fahren nach einer
Handskizze eines Einheimischen. Die Landschaft vor Villa Alota ist stark
zerfurcht und verunstaltet von vulkanischen Aktivitäten, aber dafür beeindruckend
ist die Vaya de la Froca mit von Wind und Regen gefurchten roten Felsen
in bizarren Formen. Vor einer scheinbar seichten Flussdurchfahrt unterbricht
sich die motorische Szene. Claus bittet um ein Fahrfoto durch sehr wildes
Flusswasser, ich steige ab, bewaffne mich mit den zwei Fotoapparaten und
schieße los, als Claus in die Mitte fährt und wundere mich, warum er plötzlich
stehen bleibt. Worauf wartet er denn bloß? Da merke ich, dass er nicht mehr
weiterfahren kann. Das heißt, Kameras ablegen und durchs oberschenkeltiefe
Wasser waten um zu schieben, durch ein unerwünscht frisches Gebirgswasser auf
weit über 4000 m Höhe, das auch sofort meine Stiefel füllt. Das blöde an den
Goretex-Stiefeln ist, dass, wenn einmal Wasser eingelaufen ist, es nicht mehr
auslaufen kann, so dass meine Zehen den ganzen Tag im Eiswasser schwimmen. Das
Motorrad ließ sich auch schwer trocknen und beim ersten Startversuch lief der
halbe Fluss aus den Auspuffrohren raus. Mit Anziehen per Gurt mittels Michas
Motorrad durchs Gelände springt endlich das Motorrad an. In Villamar fragen wir
nach Benzin, doch es ist niemand zu Hause und die Leute, die uns anstarren,
sprechen mehr Almara als Spanisch. Doch schließlich haben wir Glück, das Mädchen
kommt und wir tanken 30 l Benzin aus einem Alutrog durch eine durchschnittene
alte Coca-Cola-Flasche. Zu etwas sind sie trotzdem gut. Die Landschaft, die Laguna
Colorada bis zur Grenze, fesselt
durch eine unnatürliche überirdisch kalte Schönheit, wo man sich fragen muss,
wie kann man hier in dieser feindlichen Welt überleben kann, wo nur Vulkane und
pfeifender Wind das Gestein zu feinem Schotter zermalmen. Kein Gras wächst
hier. Die Laguna mit ihren rot-weißen Farben und tausenden von Flamingos
erstreckt sich an der Grenze zwischen Wirklichkeit und einer nicht irdischen
Welt. Gegen Abend bei sinkender Sonne und zunehmend kaltem Wind streike ich,
Claus zu fotografieren, als die zwei Seen in meinen Stiefeln langsam zu Eisblöcken
kristallisieren. Wegen der Kälte (minus 8°C messen wir am nächsten Morgen),
entschließen wir uns, im Campa Miento, 2 km vom See entfernt, zu schlafen. Baracken aus Lehm, wo wir auch
ungewollt Bekanntschaft mit Fehde und Konkurrenzkampf der Besitzer machen. Da
wir, ohne es zu wissen, bei der anderen Besitzerin das Essen bestellt haben,
will uns nun unser Gastgeber rausschmeißen, wobei das letzte Zimmer von uns
besetzt wurde. Erst nach der Drohung mit der Macht der Deutschen beim
Ministerium dürfen wir ruhig und satt in den Pritschen einschlafen.
27. März 2004
Laguna Colorada -> San
Pedro [Chile] (202 km)
Der Morgen fängt gleich
mit heftiger Gymnastik an, als ich das Motorrad den Schotterhang am See
hinaufschieben und danach hinabschieben muss, weil es nicht mehr anspringt. Der
Weg führt weiter durch diese feindliche Landschaft von faszinierender Schönheit
und Regelmäßigkeit. Die neue Zollstation liegt in 5059m Höhe an einem
Schwefelsäurebecken, kurz danach unser höchster Punkt mit 5069m nach GPS Anzeige
bei unglaublichen 24,5°C Lufttemperatur. Ständig siedet das Benzin in den
Vergasern auf und der Motor schluckt. Dann besuchen wir den Geysir Sol de Mañana
mit blubbernden Schlammlöchern und fauchenden Fumarolen in einem gelb-rot
gefärbten Steinkessel. Nachdem man Laguna Colorado gesehen hat, kann einen die Laguna Verde schwer noch beeindrucken. Danach gleich die
Grenze auf einer winddurchpeitschten Passhöhe, unkompliziert und relativ
schnell. Auf der chilenischen Seite empfängt uns nach wenigen Kilometern Piste
schon gleich eine Asphaltstraße und Hinweisschilder, willkommen in der
Zivilisation, was wir gleich auch den Preisen bemerken. Hostal Chiloe gehört zu den einfachsten, kostet gleich 33 Euro.
Das Restaurant hat auch deutsche Preise, aber sie sind sauber und gemütlich. Abends
fahren wir noch schnell ins Valle de la Luna, aber wir kommen zu spät an und bis wir die Düne
am Aussichtspunkt keuchend hoch laufen, geht die Sonne schon unter.
28. März 2004
San Pedro -> Laguna Chaxa -> Valle de la Luna (175 km)
Wir faulenzen viel zu
lange in den bequemen Betten, als dass wir noch den Ausflug zum El Tatio
Geysir schaffen. Außerdem ist er
nur zwischen 6 und 7 Uhr morgens schön aktiv, wo der Dampf senkrecht in der
morgendlichen Kühle aufsteigt. Wir fahren ohne Michas Sozia Eileen zur nahe
gelegenen Laguna Chaxa, die zum Salar de Atacama gehört, aber von einer Quelle ständig mit Wasser
versorgt wird. Enttäuschend flach und verschlammt und nur ein halbes dutzend
schmutziger Flamingos, aber wenn man Südbolivien noch nicht erlebt hat, könnte
man daran Gefallen finden. Gemütlich tuckern wir danach zum Valle de la Luna, wo wir uns viel Zeit zum Fotografieren lassen
und erneut die hohe Düne besteigen, diesmal mit schöner Aussicht vom Sonnenuntergang
belohnt mit dem Vulkan Licancábur.
29. März 2004
Paso Jama -> Purmamarca [Argentinien] (442 km)
Der Paso Jama steigt ziemlich steil aus dem Staub der Wüste in
die stürmische Kälte des Altiplano.
Monotone Steinflächen ziehen an meinen Augen vorbei, so dass ich irgendwann
einnicke. Doch plötzlich werde ich aufgeweckt durch starkes Schleudern und
Bremsen, ich ahne schon, dass es ein Vorderradplatter ist und klammere mich
fest an Claus. Langsam, unendlich langsam kommen wir zum Stehen. Der Schrecken
sitzt noch lange in unseren Gesichtern, ein Vorderradplatter bei 120 km/h versteht
keinen Spaß. Claus war in so einer Situation in Afrika schon mal heftig
gestürzt. Ein Expeditionswohnmobil aus Österreich kommt zufällig daher und spendiert
uns Luft in den Vorderreifen und die freundliche Familie Rieger bringt uns auf
fröhlichere Gedanken bei einem Plausch. Die Einreise nach Argentinien erfolgt
direkt hinter dem Pass, während ich King Arthurs im TV verfolge, füllt die
nette Zöllnerin meine Papiere aus. Es schließt sich eine grauenhafte Piste mit
kindskopfgroßem Geröll an. Wir fahren durch Susques über einen kleinen Salar
nach Purmamarca, die Straße zwischen Salar und der Passhöhe ist wieder ungeteert,
wir brauchen also viel länger und müssen die letzten 30 km in der Dunkelheit
fahren. Wir übernachten in einem alten Herrenhaus, sehr rein und reizvoll, La
Posta de Puramarca.
30. März 2004
Purmamarca -> Jujuy ->
Salta (167 km)
Der Morgen beweist noch
einmal die Vielfältigkeit und den Reichtum der Anden, als wir nach Tagen von Bergwüste zwischen
sattem Grün und duftenden Blumen an den Fenstern aufwachen. Purmamarca, ein hübsches etwas auch touristisches Dorf, ein grüner
Fleck am Fuße der trockenen Berge. Zum Frühstück, eingeschlossen im 25
Dollar-Preis, latschen wir zu einem Restaurant im Zentrum. Der Mann bewegt sich
im Zeitlupentempo und braucht eine halbe Stunde, bis er einen Korb mit Brot,
ein Stück Butter und ein Stück Marmelade pro Kopf auf den Tisch stellt. Kaffee
und Tee dauert extra. Das ist ein bisschen arg wenig für unsere verwöhnten
Mägen. Ich bitte um Eier, geht nicht. Dann vielleicht Cochlot, gekochter Mais
mit Käse, geht auch nicht. Vorsichtig frage ich nach Sprite, das geht. Aha,
vielleicht soll ich betonen, dass ich extra bezahle. Bekomme ich die Eier?
Nein, geht nicht. Etwas verdutzt und verständnislos schaue ich ihn an und
endlich kommt die erlösende Antwort. Der Koch kommt erst um 12 Uhr. Claus ist
unglücklich, seine Mittelformatkamera Pentax 67II verabschiedet sich heute
morgen mit einem Error 10, den wir nicht beheben können. Wir rufen bei Pentax
in Deutschland an, doch der zuständige und sehr kompetente Herr Pullmann ist
bei jedem Versuch nicht an seinem Arbeitsplatz und als wir zwei Stunden später
aus Jujuy anrufen, müssen wir feststellen, dass wir schon außerhalb der
Geschäftszeiten in Hamburg liegen. Auf dem Weg nach Salta vertiefen wir uns auf
einer engen gepflegten Teerstraße durch einen dichten subtropischen Wald. In
Salta suchen wir eine Bleibe, teils wegen der späten Stunde, wir haben viel
Zeit in Purmamarca und an einer Tankstelle in Jujuy vertrödelt und auch weil
ein Gewitter aufzieht. Hotel Christobal in Zentrumsnähe für 20 Euro kommt gerade richtig. Wir spazieren
durch die hübsche Stadt und die qualitativen Feinlederwaren lassen zu, dass wir
noch zwei Ledertaschen und ein paar Stöckelschuhe kaufen. Woa, der Platz wird
knapp am Motorrad. Auf dem Weg Straßensperren mit Polizeiaufsicht und Fahrradler
mit Transparenten. In der Zeitung lese ich, dass sie wegen Wohnungsnot demonstrieren,
aber uns lassen sie freundlich vorbeifahren.
31. März 2004
Salta -> Bischofspass -> Cachi -> Cafayate (330 km)
Nach Salta wechselt die
reiche Flora zu einer halbtrockenen. Wir fahren über den Abra los Cardones, der oberhalb vom Nationalpark Los Cardones verläuft, wie die hohen Säulenkakteen genannt
werden. Wir essen zu Mittag auf der schattigen Plaza in Cachi und fahren 140 km eine eng gewundene
Piste bis Cafayate durch eine staubige trockene Landschaft, durchzogen von
unzähligen Schluchten, sogenannten Quebradas (Trockenflüsse, Wadis). Die schönste ist die Quebrada
de las Conchas vor Cafayate, wo die Naturgewalten
farbige Gesteinsschichten von Osten nach Westen eingeschnitten haben. Danach
tauchen plötzlich sehr reiche Weingebiete auf, die Gegend gehört zu den
ergiebigsten Anbaugebieten, wie Michelle Torino oder Ez Chat. Viele Italiener
leben hier.
01. April 2004
Cafayate -> Michaels
Defekt -> Santa Maria (207 km)
Die Tagesreise beginnt
zwar sehr früh, endet aber um 10 Uhr in Punta de Balasto, wo Michaels Motorrad
plötzlich aussetzt. Nach vier Stunden herumbasteln am Killschalter und allen
möglichen Kabeln kommen sie zum Schluss, dass sie das elektrische Problem nicht
entdecken können. In der Zwischenzeit reparieren wir auch eine schleichende
Panne am Vorderrand, insgesamt haben wir sechs vorne und eine hinten gehabt
bisher, mit zwei ungewöhnlichen Abgängen. Als sie zum zweiten Mal versuchen,
Michas Motorrad anzuschleppen, damit es anspringt, blockiert das Hinterrad,
fällt hin und Claus folgt ihm zu Boden. Claus Motorrad bleibt von Schürfspuren
abgesehen intakt, Claus selber ist am Fuß verletzt, aber Michaels Motorrad wird
endgültig fahrunfähig, als sein Ölthermostat von einem Stein „erschlagen“ wird
und das Öl vollständig herausfließt. Wir fahren nach San Josè zurück, da nach Punta de Balasto 140
km keine Ortschaft mehr folgt. In San Josè gibt es keine Unterkünfte, also
fahren wir weitere 14 km zurück bis Santa Maria, während Eileen und Michael
versuchen, eine Mitfahrgelegenheit zu erwischen. Ihre gelbe HPN-BMW bleibt zurück.
Auf dem plaza major in Santa
Maria empfiehlt uns der Polizist einen Mann am Nebentisch, der uns für 2400
Pesos anbietet, das Motorrad über Mendoza bis an die chilenische Grenze zu
fahren. Der Automobilclub Argentino
verlangt 40 Sentagos pro Kilometer. Dafür transportieren sie es nur bis
Catamarca. Ab da müssten wir dann was Neues organisieren. Ramon, der Mann, der
uns den Transport vermittelt, stammt aus Palermo bzw. seine Eltern, während
seine große Familie noch in Italien wohnt, versucht er die strengen alten
Gebräuche aus Sizilien aufrecht zu erhalten. Überhaupt ist die ganze Region um
Cafayate italienisch gefärbt.
Claus und ich werden alleine weiterfahren Richtung Paso de San Francisco nach Chile.
02. April 2004
Santa Maria -> Belen ->
Fiambala (389 km)
Frühmorgens
verabschieden wir uns von Michael und Eileen und fahren weiter durch die
Halbwüste durch Tinogasta bis Fiambalá, wo wir gegen 4 Uhr ankommen. Das kühle
weiche Bett im einzigen Hostal des Dorfes verlockt uns zu zwei Stunden kuscheln
und dösen. Abends essen wir im einzigen Restaurant Pizzeria Roma
eine leckere und gekonnt zubereitete Pizza, der Urgroßvater stammt
selbstverständlich aus Italien, begleitet von einem schweren herben Wein der
Region.
03. April 2004
Fiambala > Paso de San Francisco ->
Copiapó [Chile] (496 km)
Der lange Weg über den Paso
de San Fransisco führt durch 500
km menschenfeindliche Einöde mit nichts als Stein, Salz und Sonne. Diese weiten
Berge, die keinem Lebewesen günstig sind, beängstigen mich durch ihre tote
Stille und nicht einmal die einzelnen Vicunias, die verlorenen Esel hier und
da, können mich beruhigen, dass man hier schon überleben kann. Als wir endlich
die ersten Häuser auf der Strecke erreichen atme ich auf und die verstaubten
halbvertrockneten Bäume beruhigen meine Augen. Die Passstraße war vollkommen
menschenleer, abgesehen von den vier Posten auf den Grenzseiten, wo man sich
sowieso nicht gerne allzu lange aufhält. Auf der chilenischen Seite ist die
Straße bis kurz vor Copiapo ungeteert, doch in schnell fahrbarem Zustand, so
dass wir die fast 500 km gerade noch in einem Zug geschafft haben. Das warme
Bad im Hotel Diego de Almeda
beruhigt uns nach den windigen Höhen in der Wüste. Die chilenischen Zöllner
lachten mich noch aus, als sie im Fotorucksack von Claus zwischen den
Objektiven noch meine roten Stöckelschuhe entdeckten.
04. April 2004
Copiapó -> Vallenar -> La Serena (383 km)
Wir lassen uns viel
Zeit am Morgen, damit der Schuhputzer auf Placa Major unsere verstaubten Stiefel in neuwertigen
Zustand hochpoliert. Jetzt können wir uns wieder in den Geschäften sehen
lassen. Die hunderte Kilometer Asphalt bis zur Küste brettern wir bis
nachmittags ab, verwunderlich nur, wo die Feuchtigkeit herkommt, um die
geschlossene Wolkendecke zu bilden, die seit heute Morgen grau am Himmel hängt.
An der Küste weht ein frischer Wind. Wir suchen uns eine Cobanea günstig für 30
Dollar am Meer an der Promenade und ich bewaffne mich mit Stöckelschuhen aus
Argentinien und dem obligatorischen schwarzen Kurzen, damit wir die hübsche kleine
Stadt auf dem Motorrad besuchen.
05. April 2004
La Serena -> Los Vilos -> Zapallar -> Valparaiso (487
km)
Wir haben eine ruhige Fahrt entlang einer
romantischen Küste mit verspielten Ferienhäusern und barmherzigerer Vegetation
als im Norden. Viña del Mar, ein Ferienort mit
Luxusschliff, daran angegliedert ist Valpareiso, der geschäftigere Hafen mit
alten bunten Häusern.
06. April 2004
Valparaiso -> Spedition in
Maipú (132 km)
Auf der Autobahn kommen
wir schnell in den Großraum von Santiago de Chile. Im Ortsteil Maipú finden wir
den Spediteur Exel, da
angekommen richten wir in 4 Stunden das Motorrad her mit Waschen, Auspacken und
Aufpalettieren, so dass wir um 16 Uhr schon in der hübschen Plüschzimmersuite
des Hotels Paris einziehen können.
Hinter der ältesten Kirche Santiagos San Francisco in Gehnähe von Plaza del Armas. Abends spazieren wir noch durch die
Quaderstraßen um den Hauptplatz.
07. April 2004
Santiago Stadtrundfahrt
Santiago wird zu Fuss
besichtigt, Parks, Fussgängerzone, Shopping, Besuch der Kirchen usw.
08. April 2004
Santiago Stadttour
Stadtrundfahrt mit
einem Touribus, beendet mit einem Shopping im größten Mall Rauco im Providentia-Viertel
ein Viertel der Reichen. Wir spazierten auf den Hügel der Verliebten mit einem üppigen Park auf dem Sero Santa
Lucia. Besuch des Museum
Archalogica, sehr detailliert
und liebevoll gestaltet.
09. April 2004
Santiago -> Madrid ->
Freyung
Relativ
bequemer Rückflug mit der spanischen Linie Iberia über den
modernen Flughafen von Madrid nach München.
Anneliese
Possberg © 2005